ifun.de — Apple News seit 2001. 39 294 Artikel

Ein Wachhund mit Kreidezähnen

Neues Jugendschutzgesetz: Stumpfes Schwert gegen Glücksspiel-Apps und Lootboxen

Artikel auf Mastodon teilen.
22 Kommentare 22

Der Bundestag hat die Novelle des Jugendschutzgesetzes, die im vergangenen Jahr von Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorgestellt wurde, beschlossen und an den Bundesrat weitergereicht.

Franziska Giffey Data

Bundesministerin Franziska Giffey

Die Überarbeitung des Gesetzestextes (PDF) kümmert sich nicht nur um überfällige, semantisch Eingriffe und streicht etwa die Nutzung des aus der Zeit gefallenen Begriffes der „Videokassette“, sondern bereitet auch substanzielle Änderungen zum Schutz der Heranwachsenden vor.

Kostenfallen-Kennzeichnung, wenn überhaupt

Dies behauptet zumindest die Familienministerin und betont, dass die Gesetzesnovelle Minderjährige nicht nur vor Mobbing und sexueller Anmache schützen soll, sondern sich auch gegen Kostenfallen stark machen wird, die sich in digitalen Spiele-Angeboten vor allem als Lootboxen und In-App-Käufe auftreten.

Eine schöner „Talking Point“, der dem genaueren Blick auf die Gesetzesnovelle jedoch nicht standhält.

Lediglich neue Alters-Kriterien…

So stellt man beim Lesen des Entwurfes schnell fest, dass sich der auch in der Pressemitteilung des Ministeriums gesondert betonte Schutz vor Kostenfallen auf zwei simple Mini-Verbesserungen reduzieren lässt, die drei Abstraktionsebenen tief im Gesetzestext versteckt sind.

Zum einen definiert der neue §10b was der Gesetzgeber unter „entwicklungsbeeinträchtigenden Medien“ versteht. Dies ist relevant, da sich daran die Alterseinstufung der Inhalte bemisst.

Hier soll der folgenden Satz fortan dafür sorgen, dass auch „Phänomene wie Kommunikationsrisiken in Online-Spielen, simuliertes Glücksspiel, glücksspielähnliche Elemente wie „Lootboxen“ oder das Verleiten zur Preisgabe persönlicher Daten in angemessener Weise Einzug in die Kriterienbildung und Altersbewertung finden“:

[…] Insbesondere sind nach konkreter Gefahrenprognose als erheblich einzustufende Risiken für die persönliche Integrität von Kindern und Jugendlichen, die im Rahmen der Nutzung des Mediums auftreten können, angemessen zu berücksichtigen.

Coin BpjmBild 1500

… und ein Icon

Der zweite Vorstoß des Gesetzes: Neben der Alterskennzeichnung sollen Spiele auch mit „beschreibenden Symbolen“ gekennzeichnet werden können, wenn diese über glücksspielähnliche Elemente verfügen.

Es bleibt also alles beim Alten, mit der kleinen Einschränkung, dass von In-App-Käufen durchseuchte Spiele demnächst mit einer anderen, von vielen Anwendern ohnehin nicht beachteten Altersangabe im App Store ausgezeichnet sind – vielleicht begleitet von einem zusätzlichen Icon, das erst noch gestaltet werden muss.

11. Mrz 2021 um 09:35 Uhr von Nicolas Fehler gefunden?


    Zum Absenden des Formulars muss Google reCAPTCHA geladen werden.
    Google reCAPTCHA Datenschutzerklärung

    Google reCAPTCHA laden

    22 Kommentare bisher. Dieser Unterhaltung fehlt Deine Stimme.
  • tja – jeder Euro enthält halt auch in dem Fall 19Cent Mehrwertsteuer für den Staat :/

  • Man sieht auch hier die Kompetenz unseres durchlöcherten Staates. Egal wo man hinschaut, alles nur mit der heißen Nadel gestrickt und gleichzeitig lese ich das die Beraterkosten in der Bundesregierung um 600% gestiegen sind. Wo liegt der Fehler ? Das ist ein ungeprüfter Selbstbedienungsladen geworden. Und wie fast immer, ein Berater muss keinen Erfolg für sein Honorar garantieren ….
    Mahlzeit

  • Sind sie 18+ Jahre alt? „ja“ – hier kannst du alles sehen und kaufen! Es ändert sich nichts! Die Jugend ist nicht doof und klickt einfach weiter bis sie bekommen was sie in diesem Moment haben wollen! Da ändert auch dieses Gesetz nichts dran…

    • Man hat halt auch als Erziehungsberechtigter ne gewisse Verantwortung und kann nicht alles abwälzen. Auf den iPhones meiner Kinder sind Kindersicherungen aktiviert, in App Käufe grundsätzlich deaktiviert, generelle Kaufanfragen auch bei kostenlosen Apps und eine Drittanbietersperre beim Provider ist ebenfalls aktiviert. Man kann vieles selbst regeln, dann muss man sich nicht auf die Politik verlassen.

      • Schnitzel-Salat

        +1

      • Da stimme ich dir grundsätzlich bei.
        .
        Beim Digitalen ist es halt etwas anders, als beim Einkaufen. Im analogen Laden wird dein Alter auch gefragt (sollte) und du kannst irgend ein Alter angeben. Nur schaut dich eine Person an und weist dich wegen zu jung zurück.
        .
        Bei Emma Digital arbeiten halt blinde Codes, die nur auf eine Antwort warten und via if-then dich nach links oder rechts winken. Und das sollte so eingerichtet werden, dass zuerst die verantwortlichen Erziehungsberechtigten gefragt werden müssen, bevor es weiter geht.
        .
        Du hast es vorab schon gemacht. Nur ist vermutlich die Mehrheit nicht so technikaffin und/oder (positiv formuliert) zu vertrauensvoll in die Menschheit, namentlich gegenüber den aktiengesteuerten Firmen, die für sie nur das Beste wollen. Dazu kann kommen, dass viele arbeiten, haushalten und andere Aufgaben lösen müssen, und kaum Zeit haben, sich auch noch mit dem Technikkram auseinander zu setzen. Auch wenn sie gern würden.

      • Genau so geht das und genau so hab ich das bei meinem Kind auch eingerichtet.
        Leider gibt es genug ignorante Menschen die sich auch noch Eltern nennen dürfen die Ihre Kinder nicht vor den Möglichkeiten der digitalen Welt schützen.

      • Vielleicht sollte Apple bei der Einrichtung direkt noch Erwachsen oder minderjährig abfragen und je nach Auswahl diese Einschränkungen setzen.
        Mir wäre aber am liebsten wenn ich im AppStore ALLE Apps ausblenden könnte die In-App Abzocke anbieten. Dann wäre der AppStore auch mal wieder vernünftig durchsuchbar

  • Halte ich für richtig. Man sollte nicht Content für Erwachsene, wie zum Beispiel Glücksspiele, verbieten nur weil auch junge Menschen Zugang dazu haben könnten. Wenn wir mit Glücksspielen anfangen, wo hören wir dann auf?
    Der Weg über die Altersbeschränkung ist genau richtig, da diese ab 18+ sein sollten.
    Die Einhaltung dieser Regel liegt in der Verantwortung der Eltern und des AppStore Betreibers.
    Wer seinem minderjährigen Kind ein Handy kauft, muss auch die Altersbeschränkung kontrollieren, bzw. einschränken. Es ist nicht die Aufgabe des Staats unserer Kinder zu erziehen

    • Gemäss deinem Prinzip sollte dann der Staat auch andere suchterzeugende Dinge nicht verbieten, da Erwachsene bestimmt problemlos damit klar kommen – sie sind ja soo vernünftig, selbstverantwortlich und selbstbeherrschend.
      Nur die unreifen, vernunftlosen unterachtzehnjährigen Individuen müssen geschützt werden.
      .
      Dabei geht es mir gar nicht um das Spiel an sich. Schliesslich macht das weisse Pulver auch viel Spass. Aber leider kostet es Geld.
      Und da müsste man den Schutz ansetzen. Für alle im Alter von 0-101. Erst danach ist man alt genug, dass der Schutz weggelassen werden kann ;)

  • Die meisten Eltern sind völlig überfordert mit dem Schutz ihrer Kinder. Die Bildschirmzeit ist ein sehr gutes Tool um seine Kinder einigermaßen zu schützen, bedarf aber Einarbeitung und ständiger Pflege. Bei Android sieht es viel besser aus, hier kann man direkt eingreifen und um Notfall den Zugriff sofort sperren. Die App Family link bietet umfangreiche Konfigurationsmöglichkeiten, klar verständlich und nicht tief in den Einstellungen versteckt. Google hat hier meiner Meinung nach die Nase deutlich vorn. Bevor hier jemand wieder anfängt, Google legt keinerlei Profil bei Kindern an, alle bekannten fragwürdige Funktionen sind bei Kindern deaktiviert.

    • Kann ich so nicht bestätigen. Bildschirmzeit ist schon mal besser, da es Bestandteil des OS ist, und nicht erst aus dem App Store geladen werden muss, viele wissen gar nicht das es existiert. Im Übrigen muss ich in der Bildschirmzeit nichts irgendwie dauernd pflegen. Ich kann dort alles unterbinden und steuern, total unkompliziert. Meine Kinder können über die Kaufanfrage sowieso nichts aus dem App Store laden ohne Freigabe eines Elternteils, nicht mal kostenlose Apps. Ich nutze Bildschirmzeit bereits seit es die Funktion gibt und es hat alles was ich benötige.

      • Wenn aber die Bildschirmteit durch falsches anklicken auf ganzen Tag anstatt 15 gewählt wird ist dann vorbei….. einzige Schwäche der Bildschirmzeit-Beschränkung…..

      • Aber das ist ja ein Bedienfehler. Klar muss man bei der Anfrage auf das klicken was man möchte ;-)

  • Hat für Coin Master nicht auch Dieter Bohlen Werbung gemacht? :D

  • Zum Thema Bildschirmzeit bei iOS: Das ist ein Witz, mein 7jähriger hat nach wenigen Stunden schon rausgefunden, daß man nur die Uhr zu verstellen braucht und schon geht’s weiter!

  • Redet mit. Seid nett zueinander!

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    ifun.de ist das dienstälteste europäische Onlineportal rund um Apples Lifestyle-Produkte.
    Wir informieren täglich über Aktuelles und Interessantes aus der Welt rund um iPad, iPod, Mac und sonstige Dinge, die uns gefallen.
    Insgesamt haben wir 39294 Artikel in den vergangenen 8430 Tagen veröffentlicht. Und es werden täglich mehr.
    ifun.de — Love it or leave it   ·   Copyright © 2024 aketo GmbH   ·   Impressum   ·   Cookie Einstellungen   ·   Datenschutz   ·   Safari-Push aketo GmbH Powered by SysEleven