Microsoft Zune – Die Kopiermaschine läuft wieder
Der Mann auf dem Reuters-Bild rechts ist kein Paketbote sondern Microsoft (Ex-)Boss Bill Gates bei einem Launch-Event zum diese Woche in den Handel gekommenen Microsoft Zune. Gates wurde in der Vergangenheit viel vorgeworfen, und dies meist auch zurecht. Denn anstatt Innovation und eigene Entwicklungen zu fördern, schaute er sich lieber in der Nachbarschaft um. Windows wurde auf diese Weise geboren und nährt sich bis heute wie ein klammer Egel aus den mit frischem und jungem Blut gefüllten Adern der Konkurrenz.
Ähnlich wie die Einführung der grafischen Benutzeroberfläche auf Computern oder auch den Start ins Internet – damals hat Microsoft im sogenannten Browserkrieg mit gigantischem Aufwand Netscape in die Knie gezwungen – hat man auch nun wieder eine Entwicklung verschlafen. Und Microsoft versucht es erneut auf die bewährte Tour: statt sich einen neuen Weg durch den Dschungel der Innovation zu bahnen, trottet man auf ausgetrampelten Pfaden dahin.
Es überrascht nicht, dass Microsoft in diesen Bereich der Unterhaltungselektronik einsteigt. Apple hat vorgemacht, wie und vor allem wie gut man hier Geld verdienen kann, hat nebenbei das Unternehmen saniert, Marktanteile im Computerbereich ausgebaut und sich ein verdammt gutes Image geschaffen. Nun will Microsoft seinen Teil vom Kuchen, und das mit allen Mitteln – was Apple kann, können wir auch, am besten ganz genau so wie die es machen…
Daher muss das neue Gadget dann auch an einem Dienstag glauncht werden. Apple macht sowas immer dienstags, kann also nicht falsch sein. So kam der Microsoft Zune dann auch, ganz in weiß oder schwarz, mit Farbdisplay und Scrollwheel am letzten Dienstag in die Läden. Oben drauf legt man noch eine Variante in braun, ein wenig Eigenständigkeit muss dann doch sein. Braun ist sowieso das neue Weiß, da kann die Presse über Ostblock-Design lästern, sow viel sie will!? Und auch warum das Scrollwheel beim Zune dann auch nur aussieht wie ein Scrollwheel – darunter sind eigentich nur 4 Knöpfe versteckt – will und muss niemand wissen.
Die Orientierung am großen Vorbild schlägt sich aber auch in einer Menge Details nieder. Ähnlich wie Sony nach der Pleite mit dem Attrac-Format hat auch Microsoft eingesehen, dass ein moderner Music Player nur Erfolgschancen hat, wenn der Anwender seine MP3-Bibliothek damit verwenden kann. Für die Zukunft stellt sich die Frage, ob diese Öffnung weg vom eigenen WMA-Format nicht einen grundsätzlichen Wandel in der Medienstrategie des Konzerns bewirkt. Probleme und Ärger im Videobereich sind jedenfalls bereits abzusehen, nachdem der Zune laut unseren Informationen bisher nur das WMV-Format abspielt.
Zumindest hinsichtlich der Verwaltung der digitalen Inhalte muss man sich nicht groß umstellen, sollte man tatsächlich den Schritt über den – Jordan hieß der Fluss, oder? – wagen. Microsoft hat es zuumindest optisch geschafft, an iTunes ran zu kommen, der bekannte Mangel an gestalterischer Kompetenz wie immer inbegriffen:
Über die Funktion und den damit verbundenen Benutzerspaß des Geräts können wir uns derzeit leider noch kein Urteil erlauben. Was man bisher aus den USA hört, passt zu den Erwartungen. Engadget könnte bei der Installation 4 oder 5 Systemabstürze vermelden. In Deutschland bleibt uns dies vermutlich noch bis 2008 erspart.
Aber nicht genut mit einem Player, der dem iPod leicht nachempfunden ist. Schlagkräftiges Argument von Apple in Konkurrenz zu anderen Anbieter war immer die Vielfalt des angebotenen Zubehörs. Wir wollen es niemand verübeln hier den schnellen Dollar zu machen, und die Drittanbieter wären schlichtweg zu entmündigen, würden sie bei ihren auf den iPod zugeschnittenen Lautsprechersystemen o.ä. nicht kurz den Anschluss austauschen um so höhere Umsätze zu erzielen. Aber ein wenig mehr Kreativität als das Umtaufen des ‚Made for iPod‘-Brandings in ‚Designed for Zune‘ hätten wir dem sicher nicht unterbezahlten Personal in Redmond doch zugetraut.
Da kann man es der sicher in kürzester Zeit wie Pilze aus dem Boden schießenden StartUps im Zubehörbereich für den Zune fast nicht verdenken, wenn sich sich dem großen Vorbild entsprechen auch nicht weiter ins Zeug legen und das Produktdesign wie VAF Design an Bekanntem orientieren.
Zusammen gefasst lässt sich sagen, dass der Zune bisher keinesfalls den iPod-Killer darstellt, der vielleicht befürchtet wurde. Allerdings profitieren wir letztendlich mit Sicherheit von der entstandenen Konkurrenz-Situation. Apple hat den Rücken nicht mehr so frei wie seither und kann diesen Druck hoffentlich positiv verarbeiten. Keinesfalls darf die neue Situation zu einem irrsinnigen Wettrennen der Produktupdates führen, damit würden sich beide Unternehmen auf Dauer keinen Gefallen tun. Wir hoffen vor allem auf qualitativ hochwertige Produkte und auf konstante Innovation. Dazu gehört zum Beispiel auch, ein Feature erst dann zu bringen wenn es ausgereift ist.
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